Wir sind mit einem dramatischen Wertewandel konfrontiert, der viele unserer Gewissheiten und Gewohnheiten erschüttert. Festmachen lässt sich das u.a. daran, dass die Globalisierung in eine neue Phase eintritt. Die Propheten, die kurzschlüssig von einer Deglobalisierung sprechen, liegen falsch. Trotzdem wird der Wertewandel unsere Wirtschaft und die Gesellschaft in nächster Zeit massiv verändern. Das Positive: Offenheit für moralischen Fortschritt würde uns im Umgang mit der Künstlichen Intelligenz weiterhelfen.
Was wir momentan erleben, ist die Infragestellung bewährter Institutionen und Allianzen (UN, NATO). Westliche Demokratiemodelle werden in Frage gestellt und von populistischen Pseudo-Alternativen herausgefordert. Nicht nur die westliche Welt sieht sich einer „Slowbalization" („Economist“) ausgesetzt, ein sich abzeichnendes „Great Decoupling“ könnte einen neuen Kalten Krieg (China/Russland, USA, EU) heraufbeschwören.
Doch der Wertewandel geht noch deutlich weiter. Er macht sich bis in unseren Alltag hinein bemerkbar. Während Diversität in den liberalen Demokratien eine Erfolgsgeschichte schreibt, schlägt die zunehmende Medienpräsenz von LGBTQ+ in einen reaktionären Affekt gegen Veränderung um und versammelt Menschen hinter autoritären Parteien, die das Märchen erzählen, wonach alles so bleibt wie es ist. Wir debattieren über das Gendern in der Kommunikation, und selbst die Farbe eines Fußballtrikots wird zur Glaubensfrage. Wertewandelprozesse liefern so das Substrat für bizarre Kulturkriege zwischen Reaktionären und Modernen.
Wertewandel ist für eine moderne Gesellschaft wichtig, wenn nicht essenziell
Dabei können uns Wertewandelprozesse zukunftsfähiger machen und Lösungswege für die kommenden Jahre aufzeigen. Wer von uns möchte nach den moralischen Standards in Deutschland von vor 100 oder von 200 Jahren (Kriege, Seuchen, keine Demokratie, Umweltzerstörung, Unterdrückung von Frauen, Leibeigenschaft, Zwangsreligionen...) leben? Keiner. Deswegen sollten wir den stattfindenden Wertewandel begrüßen.
Was wir fürchten sollten, ist nicht der Wandel, sondern die Erstarrung unseres Wertekosmos’. Der junge Oxford-Philosoph William MacAskill hält Wertewandelprozesse aus den folgenden Gründen für moralisch unverzichtbar: 1. Nur Gesellschaften, die sich verändern, entwickeln Resistenz und steigern ihre Überlebensfähigkeit, 2. das „Einrasten“ von Werten beschwört die Gefahr, dass Nationen, Religionen, Ideologie (das „tausendjährige Reich“) oder Marktmonopole (GAFA) ihren Herrschaftsanspruch verlängern. 3. Eine große Gefahr, vielleicht die größte Gefahr der kommenden Jahre, besteht darin, dass eine Allgemeine Künstliche Intelligenz (AKI) (Künstliche Intelligenz, die bewusstseinsfähig ist), die zu einer kompletten Wertestarre in Wirtschaft und Gesellschaft führen könnte.
Maßnahmen gegen Wertestarre und das Ausbleiben von Innovationen
Was können wir dagegen tun? Optionen offen halten, Diskussionen ermöglichen, Experimente zulassen im Städtebau, in der Ökonomie, im Zusammenleben. Wir sollten darauf achten, dass wir moralische Fortschritte machen, was voraussetzt, so formuliert es der Moralphilosoph MacAskill, dass wir nicht davon ausgehen dürfen, wir hätten bereits die höchsten Höhen der moralischen Entwicklung erklommen. Für MacAskill sind es schließlich die Tugenden der Vernunft, der geduldigen Reflexion und des Mitgefühls, die moralische Fortschritte ermöglichen. Dafür brauchen wir verlässliche Institutionen. Auch wenn das paradox erschein: Wir müssen mithilfe von Institutionen der Zivilgesellschaft und des Rechts sicherstellen, dass wir in eine moralisch offene Welt gehen können.
Wie kommt bei Ihnen der beschleunigte Wertewandel an, wie gehen sie damit um?
Informieren Sie sich über unsere Veranstaltungen zum Thema Wertewandel und Künstliche Intelligenz und fragen Sie gerne bei uns nach: kontakt@zukunftpassiert.de.