
Liebe Freundinnen und Freunde der Zukunft,
wenn wir mit unseren Student:innen im MBA "Future Management" Zukunftsszenarien anschauen, kommen wir immer regelmäßig an einen kritischen Punkt. Häufig geht es dann darum, dass Technologietrends weitreichende, überzeugende Lösungen liefern. Insbesondere bei der Energiewende und dem Klimaschutz können wir Lernende innerhalb von Minuten davon überzeugen, wie die Dekarbonisierung von Energie, Mobilität und Wohnen gelingen kann (klare Berechnungen dafür liegen seit Jahren von Expertinnen und Experten vor).
Häufig schaue ich dann in große Augen und es entspinnt sich eine aufgeregte Diskussion: "Es ist doch alles da, wir müssen es nur tun!", lautet häufig der Tenor. Doch damit ist noch nichts gewonnen, sondern es beginnt erst der komplizierte Teil beim Management unserer Zukunft: Technologische Lösungen treffen auf begrenzte Budgets, gesellschaftliche und kulturelle Befindlichkeiten und auf politische Lagen, die von sehr unterschiedlichen Interessen und Interessengruppen beeinflusst werden.
Was wir den Studierenden dann klarmachen müssen, ist weniger prickelnd: Innovationen gerade in einer demokratischen Gesellschaft (wir lernen das seit dem Scheitern des Wärmegesetzes im Sommer 2023), lassen sich nur unter Beteiligung der Gesellschaft umsetzen. Das klingt banal, hat jüngst aber das Gelingen der Energiewende in Deutschland und anderen EU-Staaten entscheidend behindert.
Was passiert hierzulande seit dem Start der schwarz-roten Koalition? Mit der "konsevativen Wende der Energiewende", über die wir im Newsletter berichten, gehen Kanzler Merz und seine Wirtschaftsministerin Reiche auf populistischen Wählerfang, legen der altersschwachen fossilen Energielobby Geschenke unter den Weihnachtsbaum und stellen die alternativlose Dekarbonisierung der Wirtschaft in Frage.
KI, die Zukunftstechnologie, die unsere Arbeitswelt in der nächsten Dekade auf den Kopf stellen könnte, bittet nicht um Einbindung in unsere Systeme - sie transformiert gleichsam wie eine Naturgewalt. Einstweilen - auch darüber berichten wir an dieser Stelle - bleibt KI ein monströs-phantastisches Versprechen - Geschäftsmodelle und Gewinne lassen indes auf sich warten. Aktuelle Zahlen belegen darüber hinaus, dass US-Großunternehmen allmählich ungeduldig werden. KI liefert nicht, die Nutzung geht erstmals zurück. Es zeigt sich: Großunternehmen trauen der neuen Superintelligenz immer noch nicht über den Weg. Stattdessen nutzen sie KI als unspektakuläre Optimierungstechnologie auf klassischen Gebieten wie Marketing, Vertrieb, Kundenservice etc.
Was lehren uns die beiden Technologiebeispiele?
Wir als demokratische Gesellschaft brauchen eine klare Vision davon, wie wir in Zukunft leben wollen. Hätten wir eine solche Vision, wüssten wir genauer, wo KI uns weiterhilft und wo sie eine Gefahr darstellt. Hätten wir diese Vision, wären wir stolz auf das, was wir mit der Energiewende bislang bereits erreicht haben und wären überzeugt davon, dass die Vollendung der Energiewende unsere Welt auf das nächste Level der gesellschaftlichen und ökonomischen Modernisierung heben würde.
Bleiben Sie hellwach!
Ihr Eike Wenzel