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Kurzer Zwischenruf: Sind Verbote gut für Innovationen oder entstehen Innovationen nur dort, wo grundsätzlich anything goes?

Quelle: ITZ 2021
Quelle: ITZ 2021

Eigentlich eine banale Frage mit einer einfachen Antwort: Klar können Innovationen durch Grenzsetzungen entstehen, Not macht erfinderisch. Leider wird das spannende Thema gerade vor allem von sexistischer Seite durchs mediale Dorf getrieben, um Annalena Baerbock damit zu verunglimpfen.

 

Auszug aus "Das neue grüne Zeitalter", Kapitel 3: "Wie wir Technologien zu einem nachhaltigen Innovationsmotor machen und den Weg in das postfossile Zeitalter ebnen" , S.89/90.)

 

"Wir müssen in andere Technologien investieren und auch anders in Technologien investieren. Die Technologien der Zukunft müssen ihre transformative Kraft dadurch beweisen, dass sie die planetarischen Grenzen akzeptieren. Die Richtung für die Innovationspolitik der 2020er-Jahre ist bekannt: Laut der Internationalen Energie Agentur (IAE) gibt es praktisch keinen Spielraum mehr für Industrien, Geschäftsmodelle, Wohlstandsentwürfe und Produkte, die das Treibhausgas Kohlendioxid emittieren.19 Künftig muss jede relevante Innovation eine klimaneutrale Innovation sein, oder sie wird keine Innovation sein. 

 

Das heißt nicht, dass Innovationen nicht visionär sein sollten. Es darf nicht um die Abwicklung unserer technologischen Potenziale gehen. Ganz im Gegenteil. Wir brauchen eine nachhaltige Technologievision, die Funken aus den Limitierungen unseres Ökosystems schlägt. Künstliche Intelligenz allein wird das nicht leisten. Sie wurde in den vergangenen Jahren mit jeder Menge Erlösungssemantik überfrachtet, was sie in ein falsches Licht rückt, wie wir weiter unten noch sehen werden. 

 

Schauen wir kurz auf die Solarindustrie, um zu verstehen, wie Investitionen in Zukunftstechnologien gelingen können – oder auch nicht. Die Pleiten von Evergreen Solar und Solyndra in der US-Solarindustrie im Jahr 2011 haben gezeigt, dass die pure Marktlogik und die Hoffnung auf Wagniskapital bei den erneuerbaren Energien, die komplexe und kapitalintensive Förderung notwendig machen, zu kurz greift. Es braucht einen langen Atem und vorausschauende Planung, eine Haltung, die in der Regel den Interessen des Venture Capitals zuwiderläuft. In Deutschland führte die Innovationsgeschwindigkeit in der Branche zu Fehleinschätzungen. Unternehmen wie Solarworld und Q Cells lösten nicht nur hierzulande einen Solarboom (im Windschatten des 100.000-Dächerprogramms) zunächst selbst aus, wurden jedoch kurze Zeit später, 2012, von der chinesischen Billigkonkurrenz (und bedingt durch die Kürzung der Förderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, EEG) wieder vom Markt gefegt.

 

Für technologische Innovationen, die in den kommenden Jahren vor allem nachhaltige Innovationen sein müssen, heißt das: Es geht vorrangig um Innovations- und Investitionspolitiken, die passen müssen, und dafür ist das Zusammenspiel zwischen staatlicher Förderung und unternehmerischem Handeln entscheidend. Die technologischen Voraussetzungen insbesondere für Wind und Solar könnten aktuell besser nicht sein. Seit 2018/2019 können wir davon ausgehen, dass Wind und Solar in allen Regionen der Welt den günstigsten Strom produzieren. Eine nach wie vor hohe Innovationsdynamik bei beiden Technologien macht es wahrscheinlich, dass die Preise weiter fallen werden. Und mit der Biden-USA und der EU stehen zwei mächtige Partner bereit, die signalisieren, dass sie erkannt haben, um was es in den nächsten Jahren geht. Es geht um nichts Geringeres als um die zweite Elektrifizierung unserer Welt."