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Werden wir in naher Zukunft alle in privaten Micro-Netzwerken leben?

Ok, als Boomer und Generation Y treiben wir uns nach wie vor auf Facebook herum, obwohl wir Facebook ablehnen, nicht nur weil es öde ist, sondern weil sich Facebook nicht um Datenschutz kümmert. Doch auch seit mehr als zehn Jahren Facebook-Ära gibt es immer noch keine ernst zu nehmenden Alternativen

Neuerdings zeichnet sich jedoch ab, dass neue Socialmedia-Modelle mit radikal anderem Konzept auf Interesse stoßen. Das junge Startup Cocoon hat sich beispielsweise nichts weniger vorgenommen, als Socialmedia neu zu definieren – und zwar als Socialmedia für Familien (oder welche Peergroup man für sich als Familie definiert. Die Aufgabe ist keine leichte, und es geht nicht unbedingt nur darum, Facebook abzulösen. Es geht darum, das soziale Schisma der Generationen aufzulösen und Socialmedia als Vertrauensdienstleistung zu etablieren. Bislang chattet und postet die 55plus-Generation auf Facebook („Boomer’s Paradise“), die Millennials (Jahrgang 1980 und jünger) posten ihre Wohlfühlfotos auf Instagram und die Generation Z (Jahrgang 2000 und jünger) schwanken zwischen Instagram und TikTok. Aber welches Alleinstellungsmerkmal liefert eine Plattform wie Cocoon, schließlich haben wir alle WhatsApp?

Gibt es also doch eine Socialmedia-Welt nach Facebook? Tatsächlich könnte diese Welt aus diesen und ähnlichen Netzwerken bestehen. Neben Cocoon orientiert sich eine App wie Dex  an einem ähnlichen Modell. Dex benutzt Werkzeuge des Customer Relationship Managements (CRM), um Familien von der Nutzung zu überzeugen. Monaru wiederum wurde von drei irischen Studenten entwickelt, die während ihres US-Studiums nicht vereinsamen wollten. Die App enthält eine digitale Concierge, die daran erinnert, wenn einer der Lieben Geburtstag hat und mahnt, wenn gute Freunde lange nicht mehr kontaktiert wurden.   

 

Was für einen Erfolg der Micro-Netzwerke spricht:

  • Verhaltensänderungen innerhalb der Socialmedia: Gerade bei Teens und Twens beobachten Forscher seit einiger Zeit, dass sie sich in den großen Netzwerken selbst Micro-Nischen aufbauen, in denen sie vertrauensvoll kommunizieren können.
  • Weniger Performance-Druck: Micro-Netzwerke entlasten von dem sozialen Druck in den Socialmedia und versprechen ein entspannteres Umfeld ohne Hatespeech und permanentes Vergleichen und Bewertetwerden.
  • Entschleunigungsinsel im Digitalen: Cocoon bietet eine kontrollierte digitale Umgebung und verspricht so etwas wie eine Vertrauensinsel in der stets eskalationsbereiten Netzwelt. Nutzer von Cocoon bestätigen, dass sie bei der Nutzung der App das Gefühl bekommen, sich auch – im Internet – authentischer verhalten zu können.

Die große Frage, die in nächster Zeit beantwortet werden muss: Funktioniert das Geschäftsmodell, beziehungsweise werden sich die Nutzer daran gewöhnen, nach zehn Jahren kostenlosen Socialmedia für „soziale Vertrauensdienste“ zu zahlen.

Infografik: Fast niemand vertraut Facebook | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista