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Suburbane Cities, wie geht das? Wie die Zentren in amerikanischen Städten allmählich zu suburbanen Luxuszonen werden

Das Lebensgefühl der Vorstädte (Suburbs) hat keinen guten Ruf. In den 1950er und 1960er Jahren spülte es speziell in den USA die fleißigen Mittelschichten an die Peripherie der großen Metropolen, wo sie ihrem raumgreifenden Wohlstand mit freistehendem Eigenheim, Zwei-Kind-Familie und Limousine frönen konnten. Spätestens Ende der 1990er Jahre begann die Fassade dieses Wohlstandsentwurfs buchstäblich zu bröckeln, viele Suburbs starben aus, Shopping Malls schlitterten in die Pleite und Kriminalität breitete sich in den trostlos entwickelten Lebensräumen aus.

 

Doch wenn nicht alles täuscht, feiert dieser Lebensstil gerade ein bizarres Comeback – und zwar mitten im Herzen der Metropolen. Und damit erreicht die Gentrifizierung in den USA eine neue Stufe.

 

Wer es sich leisten kann: ausladender Lebensstil in den US-Metropolen

 

Wie geht so etwas? Die Suburbanisierung der amerikanischen Innenstädte löst einen anderen Trend ab, der sich speziell in den frühen 2010er Jahren entwickelte und darin bestand, dass - erstmals seit der Erfindung des Autos - in den USA die Bevölkerungszahl in den Zentren stärker anstieg als in den Schlafstätten vor den Toren der Stadt. In Europa verlief die Entwicklung übrigens im gleichen Zeitraum fast deckungsgleich.

 

In den Vereinigten Staaten kommt jetzt hinzu, dass vor allem in begehrten Städten wie New York und San Francisco raumgreifendes Lebensgefühl für Reiche direkt downtown inszeniert wird. Im Jahr 2014 war es bereits so, dass die zehn Prozent der reichsten Amerikaner und zehn Prozent der ärmsten Amerikaner in den Zentren lebten. Was jetzt passiert: Die Innenstadt wird weiter gentrifiziert, sie avanciert zum exklusiven Luxusobjekt. 200-Quadratmeter-Wohnungen mit eigener Haustür oder Fahrstuhlzugang und großzügiger Garage für das SUV für lumpige vier Millionen US-Dollar an der Upper West Side in Manhattan. Voilà, ein suburbanes Leben im Zentrum. Lebensmitteleinzelhändler wie Target,  die die wohlbetuchten Qualitätskunden im Auge haben, folgen ihrer gutbetuchten Kundschaft mit großflächigen und auch kleinen Formaten in die Zentren und erlauben ein Suburban-Feeling in den Innenstadtbezirken. Mit dem kleinen Unterschied: ohne dass stundenlanges Pendeln bis zur Wohnungstür dafür nötig wäre.

 

Das Problem: Die Weißen erobern die Mitte – Minderheiten werden verdrängt

 

Und es folgen nicht nur die Lebensmittelhändler, sondern auch die Food-Kreativen, die in Industriebrachen und verlassen Bürogebäuden Streetfood mit Herz servieren. Wer spätestens jetzt an Berlin denkt, der liegt nicht ganz falsch. Allerdings wird sich in der deutschen Hauptstadt erst noch zeigen müssen, ob sich eine luxusorientierte Suburbanisierung der Innenstadt für Millionäre ebenfalls durchsetzt.

 

In den USA hat sich derweil das Bäumchen-wechsel-dich-Spiel zwischen Innenstadt und Peripherie an vielen Stellen bereits vollzogen. Dazu gehört auch – und das macht diesen Trend so problematisch -, dass in den vergangenen Jahren unter anderem die schwarze Bevölkerung aus den Innenstädten in die Vorstädte gedrängt wurde. Gerade in New York und San Francisco hat sich dadurch das Stadtbild dezent, aber nachdrücklich verändert.

 

In Manhattans Brooklyn Heights und Fort Greene reduzierte sich zwischen dem Jahr 2000 und 2015 die Zahl der farbigen Einwohner von 45.000 auf 32.000, während die Zahl der weißen Einwohner massiv von 37.000 auf 62.000 anstieg.

 

Was diese Entwicklung noch problematischer macht, lässt sich momentan besonders grell für den Metropolraum San Francisco beobachten. Überall im Umland der Silicon-Valley-Stadt wird in den kommenden Jahren die Zahl der Multikulti-Bevölkerung deutlich ansteigen – nur in downtown San Francisco nicht. Hier erobert die vor allem weiße Oberschicht die Zentren. Das durchschnittliche Alter der Frauen bei Erstgeburt steigt in den Zentren ebenfalls an. Die Wanderung der Millennials in die Suburbs, wenn Kinder kommen, fällt dabei immer häufiger aus, zumindest für diejenigen, die es sich leisten können.

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