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Kniefall und Disruption: Trumps digitaler Hofstaat und die Probleme der Welt

Szenen wie im Alten Rom. Die moralisch verzwergten Tech-Milliardäre erscheinen am Hofe  Donald Trumps in Mar-a-Lago. Sie haben Geschenke mitgebracht und dienen sich dem König an. Die Rebellion der Tech-Visionäre scheint endgültig beendet, wenn sie denn überhaupt jemals stattgefunden hat. Elon Musk, Marc Zuckerberg, Tim Cook und Sam Altman werfen sich vor dem Souverän in den Staub. Willkommen in der Ära der digitalen Hofpolitik!

 

Die nächsten Monate werden anspruchsvoll. Das Silicon Valley braucht sein next big thing, doch die Erfolge lassen auf sich warten. Nach wie vor ist Künstliche Intelligenz eine vielversprechende Technologie in der Blase. OpenAI, Facebook und Microsoft, davon gehen Analysten aus, werden frühestens 2030 mit KI wirklich Geld verdienen. Derweil ringt die übrige Menschheit mit der Umsetzung einer wirksamen Klimapolitik und fragt sich, wie ein „Alignment“, das Konzept einer humanen Nutzung der KI, möglichst schnell entwickelt werden kann. 

 

Ein Hofknicks für Deregulierung und Strom

 

Was den Hofknicks des Silicon Valleys motiviert, ist zweierlei: erstens die Angst vor staatlicher Regulierung. Und was sie, zweitens, von Trump vor allem brauchen, ist die Gewähr, dass in den kommenden Jahren Unmengen an Strom für KI-Rechenzentren verfügbar gemacht werden kann.

 

In und um San Francisco hat man verstanden, dass Trump gerade dabei ist, ein personalistisches Regime zu installieren. Die Hoffnung der braven gewordenen rulebreaker: Je besser man sich da als ehemaliger Tech-Visionär mit dem allmächtigen Präsidenten stellt, desto mehr lässt sich die künftige Politik nach den eigenen Bedürfnissen gestalten. Es ist ein kompletter moralischer Bankrott.

 

Personalisierte Regime müssen ihre Eliten spalten

 

Was Trump anstrebt, ist ein „personalisiertes Regime“, eine „Bro-ligarchie“, wie wir sie in den vergangenen Jahren unter anderem in El Salvador durch Bukele, in Ungarn, zwischenzeitlich in Polen, und in der Türkei erlebt haben. Ist Trumps personalistische Machtergreifung im Januar 2025 demokratiegefährdend? Ganz sicher.

 

Doch dass sich damit so etwas wie eine geschlossene digitale Oligarchie aufstellt, die Technologie-Loyalisten sich um den absoluten Herrscher auf dem goldenen Thron versammeln (der neuerdings ja auch in Krypto investiert ist), davon sollten wir nicht ausgehen. Gerne würden sich Musk, Zuckerberg, Cook et. al. als Duodezfürsten andienen. Doch ein personalistischer Autokrat wie Trump wird eher versuchen, die Tech-Elite zu spalten. Autoritäre Herrscher, das zeigen politikwissenschaftliche Forschungen zu personalistischen Regimen, vermeiden es um jeden Preis, dass sich die Elite hinter dem Rücken des Souveräns solidarisiert und Umsturzpläne schmiedet.  

 

Trump hat sich seinen personalistischen Führungsstil wohl auch von einem Populisten wie Nayib Bukele in El Salvador abgeschaut. Bukele kam über das Vehikel einer neu gegründeten Partei an die Macht und bediente sich dann sehr erfolgreich soziale Medien, um seine Ego-Marke aufzubauen. So gelang es ihm, traditionelle politische Institutionen auszuschalten. Bukele ist wie Trump ein Aufmerksamkeits-Junkie und präsentiert sich gerne als ganz normaler Typ mit Baseballmütze.

 

Unberechenbarkeit und Willkür schaffen ein Klima permanenter Angst

 

Willkür und Unberechenbarkeit zeichnen ein personalistisches, Präsidenten-zentriertes Regime aus. Auch das wird die Silicon-Valley-Elite nicht erfreuen. Denn das heißt auch für sie, dass sie sich nie sicher fühlen können, ständig auf der Hut sein müssen, um nicht in Ungnade zu fallen (man denke an Putins resoluten Umgang mit den Oligarchen). Nicht zufällig war die Einführung von Zöllen eine der ersten Maßnahmen. Zölle können willkürlich verhängt werden. Man erhebt sie auf manche Dinge, auf andere nicht. Sie demonstrieren die Allmacht des Herrschers. Personalistische Herrscher treffen viele willkürliche Entscheidungen. Darin liegt für sie vielleicht die größte Gefahr, sie entscheiden impulsiv und machen Fehler.

 

Wie seine autoritären Buddies Bukele und Orban besetzt Trump die wichtigsten Staatsämter nicht nach Kompetenz, sondern nach Loyalität. Je weniger in Institutionen verankert ein Minister ist, umso besser lässt sich er sich korrumpieren.  

 

Trumps Horror-Kabinett besteht unter anderem aus dem Rechtsradikalen Stephen Miller, er soll Trumps Massendeportations-Politik umsetzen, die Impfgegner Robert Kennedy und Mehmet Oz übernehmen zum Erschrecken der medizinischen Forschung das Gesundheitsministerium, Justizministerin wird Pam Bondi, die für Trump das Narrativ des Wahlbetrugs durchgesetzt hat, und Elon Musk könnte tatsächlich als „Leiter der Stelle für Regierungseffizienz“ tätig werden.

 

Selbstverständlich spielt Korruption auch in personalistischen Regimen eine wichtige Rolle. Sie gestattet es dem Herrscher, Vergünstigungen nach Gutdünken an seine Anhängerschaft zu verteilen.

 

3 Handlungsfelder, auf denen die Trump-Administration mit Demokratiezerstörung beginnen wird: 

 

• Recht: Wie weit gelingt es Trump, auch den Rechtsapparat gefügig zu machen. In vielen autoritären Regimen wurde das über auf den ersten Blick nebensächliche Gesetzesreformen in die Wege geleitet, wie das Vorziehen des Pensionseintritts von ungeliebten Richtern.

 

• Rache: Autoritärer Herrscher wie Trump erzeugen ein Klima der Angst und der Aggression überall dort, wo sie Kontrolle ausüben möchten. Die Frage wird deshalb beispielsweise sein, ob er tatsächlich Rachefeldzüge gegen eine Politikerin wie die Republikanerin Liz Chainey startet, die vor einer zweiten Amtszeit Trumps gewarnt hat und für Kamala Harris Wahlkampf machte.

 

• Medien: Zu dem autoritären Playbook gehören schließlich Kampagnen gegen unliebsame Medien. Auch das ist ein bekanntes Vorgehen, das sich auf den ersten Blick nicht als demokratiefeindlichen Strategie zeigen muss, aber als Einschüchterungsmaßnahme hochwirksam ist. Mit den Milliarden seiner Silicon-Valley-Kumpels könnte er Medienhäuser beliebig mit Prozessen überziehen, die letztere mit dem Ruin bedrohen. Trumps Kumpel Peter Thiel hat das mit der Zerstörung von Gawker vorgeführt https://www.forbes.com/sites/mattdrange/2016/06/21/peter-thiels-war-on-gawker-a-timeline/. Pressefreiheit, die vierte Säule der Demokratie, gerät auch dadurch in Gefahr (man denke an Zensurmaßnahmen bei der Washington Post), dass Klagedrohung den Mechanismus der Selbstzensur (Schere im Kopf“) in Gang setzen. Viktor Orban ist es in Ungarn gelungen, fast die gesamte nationale Presse gleichzuschalten.

 

Wie sehen mögliche Gegenmaßnahmen aus? Die Perspektiven geben hier nicht wirklich Anlass zu Optimismus. Zwei Dinge werden in den ersten Wochen nach Machtantritt besonders wichtig sein: 

 

1. Wird Trumps bizarres Kabinett der Loyalen und Kadavergehorsamen von der republikanischen Partei akzeptiert? Die Nominierung könnte in der Partei zu Kopfschütteln und Spaltungen führen, was für den gesamten politischen Prozess in den USA positiv wäre.

 

2. Die US-Demokraten müssen zumindest mit einer runderneuerten Vision und geeinigt auftreten. Gespaltene Parteien sind nicht in der Lage zurückzuschlagen. Und was die Forschung ebenfalls beobachtet: personalistische Regime spalten häufig nicht nur die Wählerschaft, sondern auch die oppositionellen Parteien.