Ist der Trend zum Fleischverzicht bereits gebrochen?

Der Hype um die fleischlosen Burger ebbt ab. In den USA bricht Beyond Meat an der Börse ein. Und die Flexitarier sind nicht die Lokomotiven des Wandels. Eine nachhaltige Ernährungskultur braucht offenbar andere Impulse als die Imitation der Fastfood-Küche des 20. Jahrhunderts 

 

Die Zahlen der Marktforscher sprechen von einem Trend. Fast einhellig melden das Statistische Bundesamt und die GfK einen Rückgang der Schlachtmengen (minus 8,1 Prozent) und des Fleischkonsums (minus 8,4 Prozent) in Deutschland. Die Fleischproduktion liegt nach sechs Jahren mit Rückgang nun auf dem niedrigsten Stand seit mehr als 15 Jahren. Für Wurstwaren stehen laut GfK minus 5,3 Prozent in der Einkaufsmenge zu Buche, aufgrund der Preissteigerungen konnte aber noch ein Umsatzplus von 1,6 Prozent erzielt werden. Vieles sieht danach aus, als würde sich Deutschland tatsächlich vom Fleischverzehr verabschieden. 

 

Wurstwaren machen mit fast 1,4 Millionen Tonnen ein Fünftel an den sieben Millionen Tonnen Gesamtschlachtmenge in Deutschland aus. Dennoch steht dem Fleischwarenrückgang von mehr als 60.000 Tonnen nur ein sechsprozentiges Wachstum von 3.300 Tonnen an pflanzlichen Fleischalternativen auf laut den Forschern von IRI 56.600 Tonnen gesamt gegenüber. Hier kann man vieles hineininterpretieren. Beispielsweise, dass Fleischverzehr tatsächlich aus der Mode kommt, nicht mehr zeitgemäß ist. Naheliegend ist auch anzunehmen, dass der Abkehr vom Fleisch noch (nur noch) eine neue Eiweiß-Kultur fehlt. 

 

Blicken wir in die USA, wo zu großen Teilen die Fleisch-Dämmerung durch die stockende Erfolgsgeschichte von Beyond Meat gestartet wurde, zeigt sich ein anderes Bild. Der Börsengang von Beyond Meat im Jahr 2019 war der ertragreichste seit dem Ende der Finanzkrise 2008. In den vergangenen Monaten legte der Aktienkurs von Beyond Meat eine rasante Talfahrt hin und bewegt sich 80 Prozent unter seinem Allzeithoch. Impossible Burger hat zwanzig Prozent seiner Belegschaft entlassen. Davon, dass tierisches Fleisch verschwindet, ist die Welt noch Lichtjahre entfernt.

 

Nach der Pandemie war auch der Hyper um die Veggie Burger vorbei 

 

Die Pandemie mit dem drohenden Zusammenbruch der fleischlichen Lieferketten in den USA brachte 2020 die Verreifachung der Beyond-Meat-Paddies. Am Ende der Pandemie brachen die Fleischersatz-Umsätze in Restaurants und Supermärkten zweistellig ein. Durch die (vorübergehenden) Kooperationen mit den Fastfood-Größen McDonalds und Burger King erreichten die Fleisch-Alternativen internationale Aufmerksamkeit, die klassischen Fastfood-Kunden erreichten sie - zumindest in den USA - nicht. 

 

Ein Fachorgan wie die „Lebensmittelzeitung“ hat das Ohr nah an der Branche und berichtet, dass bei einzelnen Supermärkten „in der Marktküche im Eingangsbereich der Anteil vegetarischer Tagesessen bei bis zu 40 Prozent“ liege. „Wir probieren aus, was funktioniert und was nicht“, so ein Händler. Am häufigsten greifen Kunden zu den alternativen Milcherzeugnissen. „Hafer- und Mandelmilch haben enormen Zuwachs.“ (Lebensmittelzeitung, 10.02.23) Rein pflanzlichen Fertigprodukten wird immer mehr Platz in den Regalen eingeräumt. Der Discounter Lidl möchte bis 2025 den Anteil pflanzlicher Proteine kontinuierlich erhöhen, Rewe bringt mit der Tochter Billa in Wien einen rein veganen Supermarkt an den Start und der E-Food-Anbieter Knuspr senkt auf eigene Kosten die Mehrwertsteuer für pflanzliche Milch. (Lebensmittelzeitung 10.02.23)

 

Trotz des großen Abgesangs jenseits des Atlantiks keimt beispielsweise in Großbritannien neue Hoffnung. Der McPlant ist dort offenbar derart erfolgreich, dass die Verbraucher sich eines wünschen: einen Double McPlant. McDonalds hat jetzt tatsächlich ein solches vegetarisches Flaggschiff im Angebot. Ab dem 4. Januar des kommenden Jahres gibt es den beliebten Burger bei McDonald’s in Großbritannien und Irland. Seit 2020 ist der McPlant bereits in Schweden, dem Vereinten Königreich, Österreich, Australien und Portugal erhältlich. Und seit 2021 liefert Beyond Meat den fleischlosen Patty, exklusiv für die Fast-Food-Kette. Er basiert auf Erbsen- und Reisproteinen sowie Kartoffeln und Roter Beete. Der Burger selbst ist allerdings nicht vegan, weil er mit Cheddar und Mayonnaise auf Ei-Basis serviert wird.

 

Trendprognose

„Peak Meat“ ist weiterhin nicht in Sicht. Die Idee der Fleischimitation hat in den USA nicht die erwarteten disruptiven Effekte bewirkt. Dort nimmt der Fleischkonsum weiter zu. In Europa und den USA hat sich – trotz des Hypes der vergangenen fünf Jahre – die Zahl der Vegetarier und Veganer nicht substanziell erhöht. Das heißt jedoch keinesfalls, dass der Trend zu fleischloser Ernährung ein falsch gewählter Ansatz ist. Nach unserer Einschätzung sollten in den kommenden Jahren drei Aspekte stärker adressiert werden:

1. Der Geschmack vieler Fleischersatzprodukte ist verbesserungswürdig;

2. Der Kampf um eine nachhaltige Ernährung sollte auch stärker über den Preis geführt werden. Maßgabe: Alternative Eiweiße müssen Preisparität mit Schweinefleisch, dem günstigsten tierischen Eiweiß erreichen;

3. Der vielzitierte Flexitarier ist für die Vermarktung der Fleischalternativen offenbar wenig hilfreich; hinter ihm verbergen sich wohl mehr Neugierige und Einmalnutzer als Menschen, die bewusst nach Fleischalternativen suchen.