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Medien/Klima: Wie aus YouTube eine Klimaleugnungsmaschine wurde

SocialMedia sind grundsätzlich unpolitisch und haben mit dem Klimawandel nur am Rande zu tun, stimmt das? Stimmt überhaupt nicht. Die Einflussnahme von Facebook beim Brexit und bei Facebook wird mittlerweile von Cheflobbyisten aus dem Hause Facebook selbst eingestanden. Sir Nick Clegg, zwischen 2010 und 2015 britischer Vize-Premier und jetzt als Zimmernachbar von Mark Zuckerberg aufgestellt, forderte jüngst in der Süddeutschen Zeitung aktiv die Regulierung von Facebook („Wir müssen reguliert werden.“)

 

Von dieser Einsicht ist ein Unternehmen wie YouTube noch weit entfernt. Die vermeintliche Offenheit für eine Vielfalt an Stimmen und Botschaften hat in dem Videonetzwerk jedenfalls dazu geführt, dass sich auf YouTube die Klimaleugner austoben dürfen. YouTube, das zum Google/Alphabet-Universum gehört, ist mittlerweile zum weltweit größten Fernsehkanal avanciert und zum Hauptpropagandainstrument der Klimawandelleugner geworden. Das Videoportal wird mittlerweile Monat für Monat von mehr als zwei Milliarden aktiven Nutzern angesteuert. Vor allem junge Zuschauer werden hier ungeschützt den Kampagnen der Klimaleugner ausgesetzt.

 

Aus einer Untersuchung des Netzwerks Avaaz geht hervor, dass

  • 16 Prozent der 100 am häufigsten auf YouTube empfohlenen Videos zum Suchbegriff „globale Erwärmung" FakeNews zum Klimawandel enthielten,
  • unter dem Suchbegriff „Klimawandel“ identifizierte Avaaz acht Prozent Artikelangebote, die auf Fehlinformationen basierten,
  • der Begriff „Klimamanipulation“ sorgte für 21 Prozent an Videos mit eindeutigen Desinformationen zum menschengemachten Klimawandel.

Der Avaaz-Untersuchung zufolge müsste eine „Entgiftung“ von YouTube beim Klimathema folgendermaßen aussehen: 

  1. YouTube-Algorithmus entgiften - Das Unternehmen muss seine Gratiswerbung stoppen für Videos, die Fehlinformationen und Desinformation beinhalten. Solche Videos sollen aus dem Empfehlungsalgorithmus entfernt werden -- unmittelbar angefangen bei Videos, die Fehlinformationen zum Thema Klima beinhalten.
  2. Einnahmen durch Desinformation transparent machen - Desinformationen und Fehlinformationen müssen zu den relevanten Monetarisierungs-Richtlinien von YouTube hinzugefügt werden, um sicherzustellen, dass für diese Inhalte keine Werbung angezeigt wird.
  3. Richtigstellungen veröffentlichen - Mit unabhängigen Faktenprüfern zusammenarbeiten, um Nutzer/innen zu informieren, wenn sie nachweislich falschen oder irreführenden Informationen ausgesetzt waren. Und veröffentlichen Sie Richtigstellungen zu diesen Videos.

 

Aber auch die klassischen Medien leisten ganze Arbeit bei der Leugnung des Klimawandels. Durch die verheerenden Waldbrände in Australien geriet dabei das Medienimperium von Rupert Murdoch in den Mittelpunkt. In Australien kontrolliert Murdoch rund ein Drittel des Zeitungsmarktes und ist DER Meinungsmacher auf dem Kontinent. In den USA hat Murdoch mittels seines TV-Sender Fox News Donald Trump an die Macht befördert. In allen diesen Medien wird die Klimaveränderung schlicht geleugnet. Fox-News-Zuschauer, das hat eine Studie im vergangenen Jahr herausgefunden, werden in eine Parallelwelt der FakeNews befördert, die aus Hass, Xenophobie, Wut gegen Institutionen und der Leugnung von wissenschaftlichen Fakten wie den Klimawandel besteht. Die Amtsvorgänger von Australiens Premierminister Scott Morrison und viele professionelle Beobachter gehen fest davon aus (und haben am eigenen Leib erfahren), dass Murdoch darüber bestimmt, wer in Australien Premierminister wird und welche Politik er zu vertreten hat. Und die Politik-Marionette Morrisson hat von Murdoch offenbar den Auftrag erhalten, fest zur Klimaleugnung zu stehen, während um ihn herum so langsam der gesamte Kontinent abbrennt.  

Was ist eigentlich der weltanschauliche Hintergrund der internationalen Leugnungsmaschinerie, in der Rupert Murdoch eine zentrale Rolle spielt?

  • Ein Kartell der Superreichen von den amerikanischen Koch-Brüdern bis zu Murdoch, die in der fossilen Welt des 20. Jahrhunderts (Massenmobilität, Massenmarketing, Massenkommunikation, Erdöl, Kohle, Automobilität) einflussreich wurden und ihre Einflusssphäre bis auf den letzten Mann verteidigen, koste es, was es wolle.
  • Das Positive: Das in dem zynischen Spiel mittlerweile die Zukunft unserer Welt auf dem Spiel steht, interessierte bislang die Erfüllungsgehilfen wie Trump und Morrison nicht. Die Brände in Australien, so scheint es, haben die Regeln des Spiels verändert. Murdochs Sohn James Murdoch und dessen Frau Kathryn distanzierten sich jüngst ausdrücklich von der systematischen Klimaleugnung der Murdoch-Medien. Auch die Politik-Marionette Scott Morrison rudert zurück. Ja, auch Wladimir Putin, der ein Bruder im Geiste von Murdoch ist und mittels FakeNews-Kampagnen seinen Teil zur Destabilisierung der westlichen Demokratien beigetragen hat, erkennt mittlerweile den Klimawandel als zentrales Zukunftsthema an.
  • Der Wind könnte jetzt drehen: Natürlich wissen wir, dass stückchenweises Zurückrudern zum kalten Kalkül von Populisten wie Trump, Murdoch, Boris Johnson etc. gehört. Gerade von Putin, der seine Macht fast ausschließlich auf dem Export von Erdöl und Erdgas gründet, sind keine revolutionären Vorstöße zu erwarten, trotzdem bekennt er sich nach wie vor zum Pariser Klimaabkommen von 2015. Doch etwas anderes treibt den Oligarchen seit einiger Zeit den Schweiß auf die Stirn: das möglicherweise schnelle Ende des fossilen Zeitalters und der Siegeszug der erneuerbaren Energien. Bereits 2030 könnten die Technologien für Erdölförderung und Kohlegewinnung, für Öl- und Erdgasnutzung (bei gleichzeitiger Verbilligung der Erneuerbaren) so teuer sein, dass die Technologien nutzlos werden. Die gesamte fossile Energiewelt droht zu einem stranded object zu werden. Die Konsequenz: Billionen an investierten US-Dollars in veraltete Technologien, die - angesichts des Klimawandels – nicht mehr verwendungsfähig sind.
    Es ist seit einigen Monaten zu beobachten, dass milliardenschwere Pensionsfonds unter anderem aus den USA und Norwegen diese Trendwende erkannt haben und ankündigen, ihre Geldströme aus den fossilen Energien abzuziehen. Nicht zuletzt der Neujahrs-Newsletter von Blackrock-Chef Larry Fink könnte für die Trendwende sorgen. Blackrock ist weltweit einer der größten und mächtigsten Investoren in fossile Energien. Larry Fink kündigte zum neuen Jahr seinen Unternehmenspartnern an, dass Blackrock ab sofort auf erkennbare Nachhaltigkeitsschritte pochen und den Klimawandel als Thema Nummer eins in den Vordergrund stellen werde.

Aber auch hier: Was als bahnbrechender Strategiewechsel angekündigt wird, muss sich erst in der Realität beweisen. Und hier schließt sich der Kreis zu YouTube und Google. Beide haben auf den ersten Blick wenig mit den fossilen Oligarchen des 20. Jahrhunderts zu tun. Bei genauerem Hinsehen allerdings schon. Google, das von sich behauptet, seit 2007 eine CO2-neutrales Unternehmen zu sein (die Nutzung seiner Suchmaschine ist es definitiv nicht), unterstützt unverdrossen Unternehmen und Verbände der alten fossilen Wirtschaft und Institutionen tief in die Reihen der militanten Klimaleugner hinein.

 

YouTubes Algorithmen haben das Videoportal in eine richtige Radikalisierungsmaschine verwandelt. Das wird daran deutlich, dass die automatisierte Empfehlungslogik (jugendliche) Nutzer zu immer radikaleren Suchergebnissen führt, wenn diese sich der YouTube-Logik überlassen. Warum tut YouTube das? Weil es die Verweildauer der Nutzer optimiert und dem Mutterkonzern Google mehr Geld aus der Werbung in die Taschen spült.